„Die kann ja auch Technik“ - Nachfolge ist (noch) viel zu selten weiblich

Warum weibliche Nachfolge gerade jetzt ein echter Wettbewerbsvorteil für mittelständische Unternehmen sein kann.

Unternehmensnachfolge

Manchmal tut es einfach in der Seele weh: Da stellt sich eine erstklassig qualifizierte Kandidatin als mögliche Nachfolgerin seines mittelständischen Betriebes bei einem Unternehmer vor. Sie ist gut vorbereitet, stellt die richtigen Fragen. Die Kandidatin bringt spannende Fähigkeiten und Kenntnisse aus ihren letzten beruflichen Stationen mit. Dem zu verkaufenden Unternehmen könnte sie damit einen deutlichen Vorsprung im Markt verschaffen. Wir als Unternehmensvermittler haben uns die Vorauswahl auch nicht leicht gemacht.

Es ist genügend Eigenkapital vorhanden und die Führungserfahrung der Kandidatin im aktuellen Job ist fast noch anspruchsvoller als sie in dem zu verkaufenden Betrieb wäre.

Und dann im Nachgespräch, fast flüsternd, der Unternehmer unter vier Augen: „Bitte nicht böse sein. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen. Eine Frau als neue Inhaberin in unserem Betrieb. Bitte sagen Sie ab.“

 

Verschenken wir hier als Mittelstand großes Potential?

Es geht auch anders: Wenn schon im Erstgespräch zwischen dem verkaufswilligen Unternehmer und der Kaufinteressentin eine spürbare Dynamik entsteht. Wo Ideen ausgetauscht und schon mögliche Entwicklungsprojekte diskutiert werden. Wo der Verkäufer leuchtende Augen bekommt, wenn er sich die Fortschritte ausmalt, die für sein Unternehmen nach der Übergabe möglich erscheinen.

Und erst ganz am Ende und voller Respekt: „Wirklich schön, dass sich eine Frau für mein Unternehmen interessiert!“.

 

Wirklich ein Mann/Frau - Thema?

Ein mittelständisches Unternehmen wird nach dem Verkauf nicht mehr das Unternehmen von heute sein. Digitale Transformation, Gewinnung von Fachkräften, technische Innovationen, Nachhaltigkeit, tiefgreifende Veränderungen in den Unternehmenskulturen und in den künftigen Arbeitsmodellen fordern bereits heute viele Unternehmerinnen und Unternehmer. Also wer kann das, wer meistert diese Herausforderungen noch ein Stückchen geschickter als die Marktbegleiter in den nächsten Jahren?

 

Echte Wettbewerbsvorteile durch weibliche Nachfolge sichern

Erfolgreiche Unternehmer führen an, dass es genau in den oben genannten Bereichen und Themen herausragend ausgebildete und erfahrene weibliche Fachkräfte und Führungskräfte gibt, die sich auch fürs Unternehmertum begeistern ließen. Und dass wir als Mittelstand mit heute rund 23% weiblicher Nachfolger dieses Potential bei Weitem noch nicht ausschöpfen.

 

Wäre es nicht ein interessanter Ansatz für Unternehmerinnen und Unternehmer, deren eigene Nachfolge in den nächsten Jahren ansteht, sich folgende vier Fragen zu stellen:

1. Wo liegen die erkennbar größten Herausforderungen für das Marktumfeld meines Unternehmens in den nächsten 10 bis 15 Jahren?

2. Welche Erfahrungen und Qualifikationen einer Nachfolgerin würden mein Unternehmen tatsächlich einen großen Schritt voranbringen?

3. Wie kann ich als Unternehmen gezielt attraktiv für weibliche Nachfolgekandidatinnen werden?

4. Gibt es Schlüsselaufgaben in meinem Betrieb, die ich schon jetzt bewusst mit qualifizierten Kandidatinnen besetzen und diese so langsam aufbauen könnte?

Weibliche Nachfolge kann ein gewichtiger Wettbewerbsvorteil für mittelständische Unternehmen sein. Gut und rechtzeitig vorbereitet steht dieser Weg vielen Betrieben offen. Viel Freude dabei!

Gastautor