Haftungsfallen bei M&A erkennen und vermeiden

M&A Transaktionen bei Nachfolgegestaltungen bergen eine Reihe von Haftungsrisiken in sich, sowohl für den Verkäufer als auch den Käufer. Viele sind vermeidbar, wenn man sie erkennt.

Recht & Steuern

Haftungsrisiken des Verkäufers

Unternehmenskaufverträge enthalten meist einen mehr oder weniger langen Katalog an Garantien des Verkäufers. Meist ist die Haftung für Garantieverletzungen nach oben (Haftungshöchstbetrag) oder nach unten (Mindestbeträge, Freibeträge) beschränkt, so dass der Verkäufer nur ein (vermeintlich) beschränktes Risiko eingeht, einen Teil des Kaufpreises wieder zurückgeben zu müssen. Hier ist allerdings Vorsicht geboten: Hat der Verkäufer nicht aufgepasst, sind die Beschränkungen unwirksam und er haftet unbeschränkt. Das gilt zunächst bei vorsätzlich falsch abgegebenen Garantien. Das Problem betrifft hier weniger Fälle, in denen das dem Verkäufer bewusst ist. Vorsatz liegt nach der Rechtsprechung des BGH bereits dann vor, wenn eine Angabe „ins Blaue hinein“ abgegeben wird, also dann, wenn der Verkäufer gar nicht weiß, ob die Garantie verletzt ist oder nicht. In solchen Fällen kann dann eine unbeschränkte Haftung entstehen. Es ist daher äußerst ratsam, die Richtigkeit der abgegebenen Garantien genau zu überprüfen. Ist eine genaue Überprüfung schwierig, sollte die Garantie nur nach bestem Wissen abgegeben werden.

Ein weiteres Haftungsrisiko versteckt sich hinter den vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Verkäufers. Waren dem Verkäufer wesentliche Risiken des Unternehmens bekannt und hat er diese dem Käufer nicht mitgeteilt, kann der Verkäufer selbst dann aus einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten auf Schadensersatz haften, wenn dies im Unternehmenskaufvertrag ausgeschlossen ist. 

Auch die Art und Weise und der Zeitpunkt der Offenlegung sind hier relevant. „Versteckt“ der Verkäufer etwaige Informationen zu den Risiken bei der Offenlegung an Stellen, an denen dies nicht zu erwarten ist (z.B. in Ordnern im einem sog. elektronischen Datenraum), dann kann im Worst Case keine ausreichende Offenlegung darstellen. Gleiches gilt bei Offenlegung so kurz vor dem Vertragsabschluss, dass dem Käufer eine Würdigung nicht mehr möglich ist. 

Dem Verkäufer sei daher geraten, sich bereits im Vorfeld eines Verkaufs seines Unternehmens über mögliche Risikobereiche zu informieren, um sein eigenes Haftungsrisiko besser einschätzen zu können. Im Zweifel sollte immer ein transaktionserfahrener Berater zu Rate gezogen werden, der mit dem Verkäufer gemeinsam eine Strategie entwickelt und festlegt, welche Garantien in welchem Umfang gegeben werden müssen bzw. welche Informationen dem Käufer (auch ungefragt) zur Verfügung gestellt werden müssen.

Haftungsrisiken des Käufers

Die komplexe Welt des Unternehmenskaufs birgt indes auch für den Käufer einige nicht zu unterschätzende Risiken.

Das betrifft zum einen Gestaltungen, in denen der Käufer nicht die Anteile des zu verkaufenden Unternehmens erwirbt, sondern die wesentlichen Vermögensgegenstände. Ein solcher Asset Deal wird oft gewählt, um bekannte oder vermutete Haftungsrisiken des Unternehmens nicht zu übernehmen. Das gelingt jedoch nicht immer. Gemäß § 75 Abgabenordnung (AO) haftet der Käufer eines Unternehmens des Verkäufers für bestimmte Steuern des Verkäufers, allerdings nur bis zu einem Jahr nach dem Erwerb. Führt der Käufer das übernommene Unternehmen unter der gleichen Firma fort, haftet er gemäß § 25 HGB grundsätzlich für alle Verbindlichkeiten des Verkäufers, auch wenn er diese gar nicht erworben hat.. Letztere Haftung lässt sich zwar durch eine Eintragung ins Handelsregister vermeiden, bei der Haftung aus § 75 AO ist dies jedoch nicht möglich. Es gilt daher auch beim Asset Deal, etwaige Steuerrisiken zu identifizieren, um das Risiko genauer abschätzen zu können. 

Auch für den Käufer kann die Kenntnis von Garantieverletzungen ein Risiko bedeuten. Der Käufer wird regelmäßig eine Due Diligence durchführen, um etwaige Risiken zu identifizieren und sich diese dann ggf. durch Garantien absichern lassen. Sind dem Käufer allerdings bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrages konkrete Garantieverletzungen bekannt gewesen, hat er keine Schadensersatzansprüche aus diesen Garantieverletzungen. Gemäß § 442 BGB kann ein Käufer dann keine Gewährleistungsansprüche geltend machen, wenn er den Mangel kannte oder grob fahrlässig nicht kannte. Es ist zwar umstritten, ob diese Vorschrift bei den gängigen Garantiegestaltungen anwendbar ist. Ohne eine klare Regelung hierzu im Unternehmenskaufvertrag ist das Risiko jedoch für den Käufer hoch. In der Praxis wird daher meist vereinbart, dass § 442 BGB zwar nicht anwendbar ist, jedoch alle in der Due Diligence angemessen offen gelegten Informationen als dem Käufer bekannt gelten und ein Anspruch aus Garantieverletzung nicht besteht, wenn sich diese aus den Informationen ergibt. Daher sollte der Käufer sich bei bekannten Risiken nicht auf eine Garantie verlassen, sondern z.B. das Risiko im Kaufpreis abbilden oder eine Freistellung verlangen, die eine Haftung des Verkäufers unabhängig von der Kenntnis des Käufers statuiert.

Insgesamt ist der Unternehmenskauf zwar kein Minenfeld, es existieren jedoch einige nicht unwesentliche Risiken, die die Parteien kennen sollten, um entsprechende Lösungen zu finden. Spezialisierte Berater können hier wertvolle Dienste leisten.

Gastautor

  • Christofer Mellert