Handwerk und Handel: Auslaufmodelle?
Besondere Herausforderungen für Nachfolgerinnen in Handwerk und MINT
Handwerk und Handel haben in Deutschland eine tief verwurzelte Tradition und Bindung. Die Unternehmen leiden jedoch massiv unter Personal- und Fachkräftemangel und sehen für ihre Zukunft häufig schwarz. Viele mittelständische Betriebe – aller Branchen - stehen vor immensen Herausforderungen, die den Unternehmensfortbestand latent gefährden. Oftmals fehlt es an einer geeigneten Nachfolge in der eigenen Familie, an der Finanzierung oder an schlanken und unbürokratischen Verfahren.
Das Ansehen von handwerklicher Ausbildung und Arbeit ist auf einem Tiefstand, gleichzeitig beklagen wir alle lange Wartezeiten für die Erledigung unserer Aufträge. Dabei gibt es eine wachsende Zahl an hervorragend ausgebildeten, motivierten und innovationsstarken jungen Menschen, die das Handwerk lieben und diese Unternehmen in eine stabile Zukunft führen wollen.
Ist hier die Nachfolge die Lösung? Ich bin davon überzeugt.
Denn erfolgreiche Unternehmensnachfolgen sorgen dafür, geschaffene Vermögenswerte, Arbeitsplätze der Mitarbeitenden und dadurch die soziale Stabilität der Gesellschaft zu erhalten.
Zudem gehört die Stärke und Vielfalt von mittelständischen Unternehmen, häufig Familienunternehmen, zu unserer – europäischen – Kultur und gesellschaftlichen Identität. Diese Stärke ist nur gegeben und gestaltet Zukunft, wenn die Unternehmen selbstbewusst und betriebswirtschaftlich stabil weiterleben. Diesen starken Unternehmensbestand gilt es zu erhalten, unabhängig davon, ob der Weg eine familien- oder betriebsinterne, eine externe oder gemischte Nachfolge ist.
Besonderes Augenmerk möchte ich an dieser Stelle auf die große Vielfalt in unserer Gesellschaft und im Mittelstand legen und darauf, dass in den Unternehmen dieses Potenzial nach wie vor nicht ausreichend wertgeschätzt und genutzt wird.
Frauen werden bei der Besetzung von Führungsposten oder bei Nachfolgeüberlegungen übersehen, trotz hervorragender Eignung. Gemischte Führungs- und Geschäftsführungsteams inklusive familienfreundlicher Angebote sind in der Minderzahl. Und wenn es an Bankfinanzierungen für eine Gründung oder eine Unternehmensübernahme geht, erfahre ich in meinem Beratungsalltag nicht selten, dass Frauen trotz überzeugenden Voraussetzungen und Businessplänen den Rat erhalten, sich in Sachen Finanzierung doch zunächst an die eigene Familie zu wenden.
Um das gesamte wirtschaftliche Potenzial in Deutschland auszuschöpfen, brauchen wir die mittelständischen UnternehmerInnen, die MacherInnen, die sich für die Umsetzung von mehr Vielfalt einsetzen.
Und wir dürfen nicht auf 50% des Potenzials in Zeiten des Personal- und Fachkräftemangels verzichten: Frauen spielen im Mittelstand eine entscheidende Schlüsselrolle für das Gelingen der Nachfolge in der Zukunft. Unser aller Zukunft!
Der Mittelstand, BVMW e.V hat mit der Gründung der „Kommission Unternehmensnachfolge“ im Oktober 2023 dem Thema die Relevanz gegeben, die es für das Gelingen von Nachfolgen und damit für eine stabile Zukunft für uns alle braucht.
Ich freue mich sehr als Vorsitzende der Kommission mit all der Expertise der Mitglieder diese für die Wirtschaftskraft Deutschlands zentrale Aufgabe anzugehen.
Jeannette Peters