Unternehmensnachfolge – Planungshorizont, Vorbereitung und prozessualer Ablauf – von harten und weichen Fakten

(Unternehmens-)Nachfolge ist ein hochemotionales Thema. Die sich darum entspinnenden Konfliktsituationen sind die Vorlage für klassische Dramen, wie Shakespeares King Lear, und Unterhaltungsserien, wie Dallas oder Succession.

Unternehmensnachfolge - Planungshorizont, Vorbereitung und prozessualer Ablauf – von harten und weichen Fakten

Die Situation vieler Unternehmer in Deutschland unterscheidet sich jedoch deutlich vom fiktionalen Pendant: während dort Intrigen an der Tagesordnung sind, um die beste Ausgangsposition in der Familienrangordnung sicherzustellen, fehlt es im deutschen Mittelstand an Familienmitgliedern, die sich für eine Unternehmensnachfolge interessieren oder als Erben des Unternehmens infrage kämen.

Knapp ein Drittel der Unternehmer in Deutschland ist über 60 Jahre alt

Verschärft wird der Trend durch die demografische Entwicklung: Der Anteil der Unternehmer im Rentenalter steigt kontinuierlich. Während vor 20 Jahren nur etwa jeder zehnte Unternehmer über 60 Jahre alt war, sind es mittlerweile fast ein Drittel und nur ein Zehntel ist jünger als 40 Jahre alt.

Der Wunsch zur Gründung und Selbstständigkeit ist bei der jungen Generation grundsätzlich vorhanden; zwar hat die Gründungsintensität (Existenzgründungen pro Einwohner im erwerbstätigen Alter) laut KfW Gründungsmonitor in den letzten Jahren etwas nachgelassen, das Streben nach Sicherheit und Stabilität steht aber bei vielen jungen Menschen nicht an erster Stelle.

Bestehende Unternehmensstrukturen geben Jungunternehmern einen Zeit- und Wissensvorsprung im Vergleich Neugründungen

Um eine Unternehmensnachfolge erfolgreich umzusetzen, muss dem Nachfolger der Wert erklärt werden, der darin liegt, auf bestehende Unternehmensstrukturen und einen existierenden Kundenstamm aufzusetzen. Klar ist: Im Verhältnis zu einer Existenzgründung ist eine Unternehmensübernahme deutlich risikoärmer und auch finanziell häufig attraktiver. Kontinuität und langfristiges Wachstum zahlen sich aus. Dies haben auch immer mehr Private Equity Fonds verstanden, die sich gezielt dem Thema Unternehmensnachfolge widmen (sogenannte Suchfonds). Mittelständler mit einem Unternehmenswert von mehr als 10 Mio. EUR stehen im Fokus dieser Suchbemühungen.

Was ist der erste Schritt?

Ausgangspunkt für die Suche nach dem geeigneten Unternehmensnachfolger ist eine fundierte Beurteilung der Unternehmenssituation. Viele Faktoren, wie Standort, Marktpositionierung und Wettbewerbsumfeld, Alleinstellungsmerkmale und Wertschöpfungstiefe beeinflussen die Werthaltigkeit eines Unternehmens. Aus dem Zusammenspiel der genannten Faktoren ergibt sich die mittelfristige Planung für das Unternehmen, welche die Grundlage für eine Bewertung darstellt. Die Ertragswert- oder Discounted Cashflow sind dabei die maßgeblich anerkannten Methoden.

Käuferdatenbanken als essenzielles Werkzeug

Der Kreis an Kaufinteressenten muss nicht nur zum Standort und der Branche passen, sondern auch zur Transaktionsgröße. Verkäuferberater, die in der Branche bereits zahlreiche Interessentengespräche geführt und Transaktionen umgesetzt haben, entwickeln ein Netzwerk an Interessenten, bestehend aus strategischen Zukäufern, Beteiligungsgesellschaften und MBI-Kandidaten, auf die bei Bedarf zurückgegriffen werden kann (sogenanntes Sorting und Matching). In diesem Zusammenhang spielen einerseits harte Fakten hinsichtlich der Kaufinteressenten, wie Bonität und fachliche Eignung, eine Rolle, andererseits aber auch das Gespür dafür, welche Konstellation auf Basis der Persönlichkeiten von Unternehmer und Nachfolgekandidat gut funktionieren kann. Im Hinblick auf die angestrebte gemeinsame Übergangszeit, in der das Lebenswerk des Unternehmers in gute Hände gelegt werden soll, ist es besonders wichtig, dass Unternehmer als Persönlichkeiten gut miteinander auskommen.

Harte und weiche Faktoren bei der Priorisierung der Kandidaten

Die Bereitschaft des Kandidaten, sich in das Unternehmen einzuarbeiten und das Geschäft zu lernen, kann grundsätzlich als gegeben vorausgesetzt werden, sollte aber dennoch, wie in einem Personalbewerbungsgespräch, hinterfragt werden. Meist lässt sich im Gespräch auch ermitteln, über welchen fachlichen Hintergrund ein potenzieller Nachfolgekandidat verfügt und welche Führungserfahrung dieser mitbringt.

Die Spreu vom Weizen zu trennen und Kandidaten zu priorisieren, erfordert einen gewissen Aufwand. Häufig genug bringen Kaufinteressenten die falschen Vorstellungen mit. Sie überschätzen ihre eigene Kreditwürdigkeit oder glauben, durch gelegentliche, aufsichtsratsähnliche Tätigkeiten das Unternehmen managen zu können, ohne operativ mitwirken zu müssen.

Daher lohnt es sich, an dieser Stelle Zeit zu investieren, damit eine Kaufabsichtserklärung (LOI) mit einem aussichtsreichen und passenden Kandidaten unterzeichnet wird. Hat man im Vorfeld auf das falsche Pferd gesetzt, geht wertvolle Zeit verloren, weil in der Regel für 2-3 Monate exklusive Verhandlungen mit einer Partei vorvertragliche vereinbart werden. Die Kaufabsichtserklärung enthält neben der Exklusivität die wichtigsten Eckpunkte des anstehenden Verkaufs, unter anderem den Kaufpreis, den Zeitplan und die Dauer der Übergabephase (eventuell beabsichtigte Beraterverträge für den Alteigentümer können auch Bestandteil sein).

Ein guter M&A Berater wird im Vorfeld darauf achten, dass eingehende Kaufangebote so strukturiert sind, dass eine Vergleichbarkeit gewährleistet ist. Gerade dort, wo Earn-Out Klauseln eine Rolle spielen, ist es wichtig einzuschätzen, welchen Beitrag der Nachfolger zur Weiterentwicklung des Unternehmens leisten kann und wie realistisch somit das Erreichen bestimmter Zielmarken ist.

Der Lohn der Arbeit – Vertragsabschluss und Übergabe

Sind die Hürden der Kandidatenauswahl und der Due Diligence genommen, so kommt es im Anschluss zu einem Binding Offer, wo auch dazugehörige Nebenverträge und Anhänge bereits vorvertraglich fest vereinbart werden können, sodass der Vertragsabschluss (Signing) im Idealfall dann nur noch eine Formalität darstellt. Der letzte Schritt ist dann die Übergabe des Unternehmens inklusive aller Rechten und Pflichten (Closing), so dass der Nachfolger sich selbst ans Werk machen kann, um seine Vorstellungen vom Unternehmen umzusetzen. Eine enge Begleitung in der Einarbeitungsphase ist häufig gewünscht und im Idealfall auch im Interesse beider Seiten, da Bonus-Vereinbarungen (bzw. Earn-Out Klauseln) den Alt-Inhaber dazu anhalten, dem Unternehmen für einen gewissen Zeitraum verbunden zu bleiben.

Fazit

Um eine Unternehmensübergabe erfolgreich realisieren zu können, empfehlen wir eine frühzeitige Planung und Vorbereitung des Verkaufsvorhabens. Ein erfahrener Nachfolgeberater kennt die Herausforderungen, die mit der Nachfolge verbunden sind. Sein Fachwissen, Erfahrung und die Kontakte stellen sicher, dass der komplexe Prozess reibungslos und erfolgreich abläuft. Teure verhandlungstaktische und vertragliche Fehler können auf diese Weise vermieden werden.

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Gastautoren

Dr. Rainer Ammon

Dr. Rainer Ammon
Geschäftsführer
Calandi GmbH

Jörg Deissner

Jörg Deissner
Senior Projektleiter für Unternehmensnachfolge
Calandi GmbH

 

 

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