Worauf es im Handwerk beim Generationswechsel ankommt

Innerhalb der nächsten zehn Jahre planen Befragungen zufolge rund 47 % der Inhaber von Handwerksbetrieben, sich aus dem Geschäftsleben zurückzuziehen. Dies entspricht mehr als 125.000 Betrieben, für die in diesem Zeitraum in vielen Fällen eine geeignete Nachfolgelösung gefunden werden muss.

Worauf es im Handwerk beim Generationswechsel ankommt

Besonderheiten des Handwerks

Ein Großteil der Unternehmensnachfolgen in Handwerksbetrieben erfolgte in den vergangenen Jahrzehnten innerfamiliär. Umgekehrt lag der Anteil der außerfamiliären Übergaben in den vergangenen zehn Jahren - je nach Gewerk - bei immerhin 35 bis 45 Prozent mit leicht steigender Tendenz. Die Neigung, das Unternehmen familienintern zu übergeben, hat viele Vorteile: die Familienmitglieder kennen den Betrieb, leben die Familientradition und sind nicht selten stolz darauf, diese fortführen zu können.

Dennoch sind die eigenen Eltern als Vorgesetzte oder wenigstens betriebliche Autoritäten nicht jedermanns Sache. Ein gutes innerfamiliäres Verhältnis ist Voraussetzung für die Entscheidung, in die unternehmerischen Fußstapfen der Eltern zu treten. Eine vorhandene Leidenschaft für das Metier und eigene Vorstellungen für die Weiterentwicklung des Unternehmens sind ebenso wichtig. Eine Entscheidung zur Unternehmensnachfolge, deren Hauptmotiv im eigenen familiären Pflichtbewusstsein begründet ist, wird im Regelfall weder in beruflicher Zufriedenheit münden noch wirtschaftlichen Erfolg zeitigen. Auf Seiten der abgebenden Generation muss zunächst eine Einschätzung vorgenommen werden, was die unternehmerische Eignung der Nachfolgegeneration angeht. Ist diese grundsätzlich vorhanden, so gilt es, das Für und Wider von Änderungen und neuen Ideen offen zu diskutieren und im Zweifelsfall mit den eigenen Ansichten zurückzutreten, um Spielraum für unternehmerische Entscheidungen der Nachfolgegeneration zu schaffen.

Herausforderungen im Handwerk

Handwerksunternehmen sind Dienstleistungsunternehmen. Das führt dazu, dass sie in der Mehrzahl lokale Anbieter von überschaubarer Größe sind. Der Fachkräftemangel infolge der zunehmenden Akademisierung der Ausbildung in den vergangenen Jahrzehnten führt dazu, dass die Auslastung in den meisten Handwerksbetrieben sehr hoch ist bzw. die Nachfrage die vorhandenen Kapazitäten und Ressourcen sogar übersteigt.

A priori ist daher die Übernahme leichter als bei vielen größeren Unternehmen und/oder Unternehmen anderer Branchen. Gleichzeitig sind die Anforderungen an die Unternehmer in Bezug auf rechtliche Fragen, regulatorische Vorgaben und IT / Digitalisierung in der Vergangenheit zum Teil stark gestiegen.

„Viele junge Leute erkennen offenbar immer weniger die Chancen eines eigenen Unternehmens, sondern fühlen sich durch Hemmnisse, Gängelei und Stolpersteine regelrecht abgeschreckt“, beklagte kürzlich der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer. Derlei Schwierigkeiten und Herausforderungen führen dazu, dass die Nachfolgegeneration in vielen Fällen andere berufliche Möglichkeiten der Weiterführung des Familienunternehmens vorzieht.

Planung und Flexibilität

Um das Fortbestehen des Unternehmens zu sichern, bieten sich verschiedene Möglichkeiten an: zum einen der Verkauf an ein Mitglied der eigenen Belegschaft (Management Buy Out), dann der Verkauf an ein (anderes) Unternehmen (Trade Sale) und schließlich der Verkauf an eine externe Führungskraft (Management Buy In).

In jedem Fall sollte frühzeitig mit der Planung der Unternehmensnachfolge begonnen werden, um eine Unternehmensübergabe erfolgreich in einem überschaubaren Zeitraum umsetzen zu können. Im besten Falle geschieht dies in einer Periode, in der das Unternehmen prosperiert, denn niemand erwirbt ein Unternehmen, dessen Zahlen einem Abwärtstrend folgen, zu einem Preisaufschlag. Erklärungen zum Gesundheitszustand und unterbliebenen Vertriebsinitiativen wirken wie hohle Ausreden von Firmeninhabern von Unternehmen, deren Potential bereits erschöpft ist (cheap talk). Aus diesem Grund ist es wichtig, den Verkauf zu einem Zeitpunkt einzuleiten, zu dem der Unternehmer sich bester Gesundheit erfreut. Neben guten finanziellen Kennzahlen, die dem Käufer eine leichtere Finanzierung zu günstigen Konditionen ermöglichen, hilft die zeitliche Flexibilität auch in den Verhandlungen, taktisch abwarten zu können, um bessere Angebote zu erhalten und einen attraktiven Preis erzielen zu können. Zeitliche Bedrängnis hingegen führt zu Verhandlungsschwäche und wirkt sich daher negativ auf den zu erwartenden Verkaufspreis aus.

Wertermittlung und Finanzierungsstruktur

Im Anschluss an die Entscheidung, das Unternehmen an einen externen Nachfolger zu veräußern, muss ein realistisch erzielbarer Marktpreis des Handwerksbetriebes ermittelt werden.

Zu berücksichtigen sind, neben den Umsatz- und Ertragskennzahlen, folgende Aspekte:

- Erwartete Mitarbeiterbindung (wettbewerbsfähige Entlohnung, Zufriedenheit und Loyalität ggü. dem alten und dem neuen Inhaber), Betriebszugehörigkeit und Altersstruktur der Mitarbeiter (trotz technischer Hilfsmittel spiel die körperliche Fitness in den meisten Gewerken nach wie vor eine Rolle)

- Saubere Buchführung - keine Schattenbuchhaltung

- Bodenrichtwerte und Sanierungsbedarf bei Gewerbeimmobilien

- Lage und Einzugsgebiet des Kundenstammes – Umsätze werden häufig standortnah erwirtschaftet, so dass, ähnlich wie bei Immobilien, die Lage eine besondere Rolle spielt.

Neben den Bewertungsfaktoren spielt für die Planung der Transaktion die Finanzierungsstruktur eine wichtige Rolle. Earn-Out-Modelle, Verkäuferdarlehen und die Weiterbeschäftigung des verkaufenden Unternehmers im Anstellungsverhältnis stellen Möglichkeiten dar, Hürden bei der Finanzierung zu reduzieren und die Unsicherheit des Nachfolgers im Hinblick auf die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung zu erhöhen. Reduzieren die Kaufpreisstrukturierung und die Einbindung des Vorgängers das Risiko und damit die Risikoprämie des Käufers, so wirkt sich dies spürbar auch auf den erzielbare Kaufpreis aus.

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Gastautoren

Dr. Rainer Ammon

Dr. Rainer Ammon
Geschäftsführer
Calandi GmbH

Isa Ofer

Dr. Isabell Ofer
Senior Consultant für Unternehmensnachfolge
Calandi GmbH

 

 

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